Und jetzt?!

Ich blickte nach Süden , wo ich herkam, in das wilde Land, das mich vieles gelehrt und mich demütig gemacht hatte, und erwog meine Möglichkeiten. Mir war klar, dass es nur eine gab. Es gab immer nur eine. Weitergehen.

Cheryl Strayed – Der große Trip

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2021 habe ich auf dem Eisenwurzenweg also nur ein paar wenige Etappen geschafft.

2022 kam und je älter dieses Jahr wurde, desto klarer wurde für mich, dass ich den Weg heuer abschließen will, abschließen muss. Ich wollte ihn nicht noch ein Jahr mitnehmen. Wollte damit endlich fertig sein.

Weniger mit der Wanderung an sich, als mit allem was für mich damit zusammenhängt.

Zwei Jahre zuvor habe ich mich aufgemacht mein altes Leben, mein altes Ich hinter mir zu lassen. Meinen Ex Partner hinter mir zu lassen. Im übertragenen als auch im sehr wörtlichen Sinne.

Wenn ich den Eisenwurzenweg abschließe, schließe ich auch mit uns ab. So dachte ich. Und so war es auch. Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Ende September 2022 habe ich dann an der slowenischen Grenze in Kärnten in strömendem Regen beendet, was im August 2020 an der tschechischen Grenze im Waldviertel bei strahlendem Sonnenschein seinen Anfang genommen hatte: meine Solowanderung vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Österreichs.

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Dass ich unter 15 gemeinsame Jahre und dem unglaublich schmerzhaften Ende ebendieser nach gut zwei Jahren und 522 gewanderten Kilometern nicht genauso einfach ein Hakerl setzen kann, wie ich es schlussendlich im Wanderführer getan habe, verstehe ich jetzt so langsam. Obwohl ich es mir lange Zeit mit aller Macht versucht habe einzureden: „Du musst es nur wollen!“

Es dauert eben solange es dauert. Scheiße, aber ist so.

Denn auch wenn in den letzten zweieinhalb Jahren so viel Wertvolles, Wichtiges und Wunderschönes in meinem Leben passiert ist, was ohne diese Trennung nie möglich gewesen wäre und wofür ich sehr dankbar bin…

…Von meinem Verlobten von einem Tag auf den anderen für eine andere Frau verlassen worden zu sein, hat Spuren hinterlassen. Einiges ist mittlerweile verheilt. Es gibt aber auch noch ein paar blaue Flecken und ein/zwei Wunden, die hin und wieder immer noch aufreißen und bluten. Und mich erinnern: da ist noch nicht alles gut.

Doch auch dafür bin ich dankbar.

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„Diese Tage, die sich ewige Narben verdient haben. Diese Tage, die eingebrannt und unverdaut sind. Diese Tage, die das Schicksal mir vor die Füße gespuckt und die ich nur irgendwie überstanden habe. Genau die sind es, die mich mit aller Macht gelehrt haben: ich bin und wurde stärker als jemals gedacht.“

gelesen bei „feelslike_sina“

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Und jetzt?

Ja jetzt geht es weiter.

Das Weitwandern und ich, unsere Beziehung hat gerade erst begonnen.

Es ist erstaunlich, wie weit einen die eigenen zwei Beine tragen können. Wie weit man kommt, wenn man einfach immer weitergeht. Wenn man über die Schulter blickt und erkennt wo man hergekommen ist und was hinter einem liegt.

Die nächste Weitwanderung ist schon in Planung und sie wird frei und emotional unbelastet sein – zumindest in meiner Vorstellung.

Und der Eisenwurzenweg?

Hm… Objektiv betrachtet ist er sicher nicht der schönste Wanderweg und ich weiß nicht, ob ich ihn uneingeschränkt empfehlen würde. Das spielt aber keine Rolle, denn was er für mich ist, lässt sich schwer in Worte fassen. Die ersten Schritte auf ihm waren gleichsam die ersten Schritte zu mir selbst. Er wird daher immer MEIN WEG sein.

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Eisenwurzenweg 2020-2022: 25 Etappen, 522km gewanderte Kilometer

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